Die Feuerwehr in Großingersheim



„Blose Zuschauer bei einem Brande, sie mögen seyn, wer sie wollen, werden nicht geduldet, sondern zur Arbeit angehalten“

Brandschutz vor Gründung der Feuerwehr

Schon die Römer erstellten Löschordnungen, um Bränden in ihren Städten gezielt begegnen zu können. Solche Regelwerke finden sich seit dem Mittelalter auch in deutschen Städten und Gemeinden. Sie betonen die gemeinsame Verantwortung aller Bürger für das Wohl ihrer Mitmenschen und deren Eigentum. Die Local-Feuerlöschordnung der Gemeinde Großingersheim von 1831 war ein solches Regelwerk, hier ein Auszug (Abschrift):

„Die Kuefer und Kuebler muessen mit ihren kleineren Zuebern, die Baecker mit ihren Goelten, Gerber und Fischer mit Ihren Wasserstiefeln und Schapfen auf dem Brandplatz alsbald erscheinen und in denselben Wasser herbeischaffen. Die Weiber in der Nachbarschaft von der Brandstaette sollen, wenn es im Winter brennt, sogleich heißes Wasser machen und bereit halten, damit man durch die Anwendung desselben das Einfrieren der Spritzen verhueten kann.“
„Blose Zuschauer bei einem Brande, sie mögen seyn, wer sie wollen, werden nicht geduldet, sondern zur Arbeit angehalten.“ Aufsicht meist durch Gemeinderäte, u.a. damit „Individuen von fremden Löschmannschaften, statt zu
arbeiten, in den Wirthshäusern nicht zechen können; […]“ „Ehe eine Feuerrotte gearbeitet hat, darf ihr keine Erfrischung gereicht werden, […]. Es darf hingegen nicht mehr als ein Schoppen Wein oder 2 Schoppen Bier per
Mann abgegeben werden. (Gestrichenes wurde handschriftlich ersetzt durch: „der gemeinderäthliche Beschluß gestattet.“)

Großingersheim erhält eine Feuerwehr

Recht spät – im Jahr 1879 – wurde auch in Großingersheim eine Feuerwehr eingerichtet. Das Gemeinderatsprotokoll vermerkte am 12.10.1878: „Vom k. Oberamt Besigheim kommt der Auftrag Beschluß darüber zu fassen, ob es nicht angezeigt wäre in Anbetracht der bedeutenden Obsterlöse eine Feuerwehr zu errichten. Erlöst wurde aus Obst 3000 M ziemlich mehr als in den Etat 1878/79 aufgenommen wurde. Die Collegien beschließen: 1. obigem Ansinnen zu entsprechen, mit Errichtung einer Feuerwehr soll zugleich eine neue Fahrfeuerspritze angeschafft werden, es soll sich jedoch vorher erkundigt werden, welche Beiträge geleistet werden. 2. Da bei derartigen größeren Unternehmungen
die Ausgaben bedeutend sind, an die k. Kreisregierung (unleserlich) daß die 1877/78 und 78/79 zum Grundstock anzulegenden 1000 M hinzuverwendet werden dürfen […]“

Aus heutiger Sicht mutet die Begründung „in Anbetracht der bedeutenden Obsterlöse“ seltsam an, im ausgehenden 19. Jahrhundert jedoch erzielte die Gemeinde tatsächlich einen bedeutenden Teil ihrer Einnahmen aus dem Verkauf von Mostobst.

Gründung der Feuerwehr
Am 26.1.1879 wählte der Gemeinderat den ersten Kommandanten – Sonnenwirt Rösch und dessen Adjutanten
(Stellvertreter) Gottlieb Glück.

Zwei Monate später wurden dem Gemeinderat die Kosten für eine Erstausstattung vorgestellt.

Als erste Mannschaft wurden 56 Mann am 10.3.1879 verpflichtet. Da für die Pflichtfeuerwehr kein Protokollbuch bestand – Informationen sind nur den Gemeinderatsprotokollen und vereinzelten Verwaltungsratsprotokollen zu entnehmen, sind die Jahre bis zur Umwandlung in eine Freiwillige Feuerwehr
nur lückenhaft dokumentiert: 1884 hatte die Feuerwehr bereits eine Mannschaftsstärke von 66 Mann. 1904 feierte sie ihr 25-jähriges Bestehen. Aus diesem Jahr stammt auch das erste Bild der Mannschaft.

Im Jahr 1909 wurde die Möglichkeit der Befreiung von der Dienstpflicht geschaffen. Der Gemeinde standen zu viele Feuerwehrleute zur Verfügung, weshalb feuerwehrdienstpflichtige Männer sich gegen eine Abgabe von 3 – 10 Mark (einkommensabhängig) befreien lassen konnten. Der Überschuss an „Manpower“ führte 1912 dazu, dass die Feuerwehrdienstpflicht auf das 40. Lebensjahr gesenkt wurde.

Freiwillige Feuerwehr

1922 wurde die Pflichtfeuerwehr in eine  Freiwillige Feuerwehr umgewandelt. Seit dieser Zeit werden Feuerwehrdienst und Kameradschaftspflege in einem eigenen Protokollbuch dokumentiert, das bis 1946 von Friedrich Eckert und anschließend bis zum Zusammenschluss von dessen Sohn Erich Eckert sehr präzise geführt wurde.

1923 wurde Gottlob Ansel zum Kommandanten gewählt. Die Ausrückgebühren wurden auf 25 Mark, die Feuerwehrabgabe auf 500 Mark festgesetzt – ein Betrag der durch die Inflation im Krisenjahr 1923 zustande kam. Wie unsicher jene Zeit für die Menschen war, zeigt ein Protokollauszug von 1924 (Abschrift): „Der Kassenbericht wurde auch erteilt, aber alles in Papiermark, was ja heute keinen Wert mehr hat, u. somit nichts mehr in der Kasse ist.“

Entwicklung der Ausrüstung

Die 1879 beschaffte Spritze diente der Feuerwehr bis 1950. Eine mechanische Leiter ergänzte seit 1928 die Ausrüstung, 1937 kam eine Motorspritze und 1950 eine TS 8 hinzu. Diese aus heutiger Sicht bescheidene Ausrüstung musste über viele Jahre den Grundschutz gewährleisten

Die dunkle Zeit

Nach der Machtübernahme im Jahr 1933 begannen die Nationalsozialisten ihren Einfluss auf alle Bereiche des Lebens in  Deutschland auszudehnen. Die Feuerwehr verlor ihre Selbstständigkeit und wurde der Feuerschutzpolizei unterstellt, aus der Einrichtung der Gemeinde entstand so ein Organ des Staates. Die Kriegsvorbereitung
wirkte sich zunehmend auf den Feuerwehralltag aus: Luftschutzübungen, Maßnahmen bei Bombenangriffen, Ausstattung der Häuser mit Luftschutzeinrichtungen gehörten nun zum Alltag. Feuerwehrleute wurden
zunehmend zur Wehrmacht eingezogen, und ab 1939 musste immer wieder der Tod im Krieg gefallener Kameraden beklagt werden.

1944 erlebte Großingersheim sein schrecklichstes Kriegsjahr. Bei einem Bombenangriff am 16.12.1944 wurden 21 Menschen getötet, darunter auch der langjährige Kommandant der Feuerwehr, Gottlob Ansel. Eine zerstörte Hauptwasserleitung erschwerte die Löscharbeiten an den getroffenen Gebäuden. Trotzdem gelang es durch gemeinsame Anstrengung und die Unterstützung durch die Nachbarwehr aus Kleiningersheim, sowie zahlreichen Helfern aus Pleidelsheim, viele Gebäude zu retten. Augenzeugen berichten, dass Most und Gülle das fehlende Wasser ersetzen mussten.

Für den verstorbenen Kommandanten übernahm Friedrich Eckert kommissarisch die Leitung der Feuerwehr.

Neuanfang

1945 – nach Kriegsende – wurden die Feuerwehren wieder in Freiwillige Feuerwehren umgewandelt. In Großingersheim wurde 1946 Otto Reich Kommandant, gefolgt 1957 von Helmut Binder.

Moderne Gemeindefeuerwehr

1961 wählte die Feuerwehr Friedrich Rühle zu ihrem Kommandanten, in dessen Dienstzeit sich die Wehr zu einer schlagkräftigen Feuerwehr mit modernem Gerät weiterentwickelte. So erhielt die Wehr ein TSF Ford Transit (1963) und ein LF 8 Mercedes (1969), dazu, damit die Fahrzeuge ordentlich untergebracht werden konnten,
baute die Gemeinde 1969 mit tatkräftiger  Unterstützung durch die Feuerwehr ein Feuerwehrgerätehaus mit Platz für zwei Fahrzeuge, einem Unterrichtsraum und sanitären Einrichtungen in die alte Kelter ein.

1972, nach dem Zusammenschluss von Groß- und Kleiningersheim zur Gemeinde  Ingersheim, ging die Feuerwehr Großingersheim in der Feuerwehr Ingersheim auf.